Psychopharmakologie
Dipl.-Biol. Birgit Busse
Eine Therapie mit Psychopharmaka wird häufig durch das Auftreten von Nebenwirkungen oder Therapieresistenzen erschwert. Diese können durch einen zu hohen oder unzureichenden Wirkspiegel der eingesetzten Medikamente bedingt sein. Therapien unter Kontrolle des Wirkspiegels mittels Therapeutischen Drug Monitoring (TDM) erlauben daher ein schnelleres und sichereres Erreichen des therapeutischen Zieles, woraus sich eine gesteigerte Remissionsrate bei Optimierung der Verträglichkeit ergibt.
Pharmakogenetische Untersuchung dienen der Aufklärung einer möglichen genetischen Ursache für einen veränderten Arzneimittelmetabolismus und können so ebenfalls zur Therapieoptimierung beitragen. Im Bereich der Psychopharmaka-Therapie spielen besonders die Enzyme CYP2D6, CYP2C19 und CYP3A4 eine wichtige Rolle.
Informationen zu den einzelnen Substanzklassen:
Antiepileptika sind eine wesentliche Säule der modernen Epilepsiebehandlung. Moderne Antiepileptika wirken über eine Hemmung der exzitatorischen und Steigerung der inhibitorischen neuronalen Aktivität. Durch die Vielzahl der molekularen Wirkmechanismen können sie in Mono- oder Kombinationstherapie die Anfallshäufigkeit der meisten Epilepsiesyndrome bei guter Verträglichkeit nachhaltig senken. Mehrere Wirkstoffe zeigen außerdem eine gute Wirkung in der Therapie chronischer bzw. neuropathischer Schmerzen oder als Stimmungsstabilisatoren in der Therapie psychiatrischer Erkrankungen. Dies stellt für Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin und Valproinsäure wichtige Indikationen dar. Antiepileptika haben einen sehr engen therapeutischen Bereich und ihr Wirkspiegel wird durch zahlreiche Arzneimittelinteraktionen beeinflusst, insbesondere auch durch wichtige Vertreter der eigenen Wirkstoffklasse wie z. B. Carbamazepin oder Phenytoin. Zudem werden sie zum Teil über polymorphe Enzyme verstoffwechselt, die eine hohe funktionelle genetische Varianz zeigen (z.B. CYP450). Daher erlauben nur Therapien unter Kontrolle des Wirkspiegels ein schnelles und sicheres Erreichen des therapeutischen Wirkspiegels bei Optimierung der Verträglichkeit.
Antipsychotika werden nicht nur zur Behandlung schizophrener und schizoaffektiver Psychosen bzw. psychotischer Symptome bei organischen Erkrankungen sondern auch zur Behandlung bipolarer Störungen und therapieresistenter Depressionen eingesetzt. Zwar werden Zweit-Generations-Antipsychotika („atypische Antipsychotika“) wie Clozapin, Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon oder Ziprasidon bevorzugt eingesetzt, Erst-Generations-Antipsychotika („typische Antipsychotika“) wie Haloperidol, Chlorprothixen, Flupentixol, Melperon, Perazin und Zuclopenthixol sind diesen aber nicht hinsichtlich Wirkstärke und Nebenwirkungsprofil unterlegen. Es wurde in mehreren Studien gezeigt, dass z. B. die Darstellung, nur „typische“ Antipsychotika würden extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen verursachen, eine übertriebene Vereinfachung ist. Es gibt aber Hinweise für eine bessere Verträglichkeit von Zweit-Generations-Antipsychotika.
Therapien unter Kontrolle des therapeutischen Wirkspiegels erlauben ein schnelleres und sichereres Erreichen des therapeutischen Zieles. Hierdurch wird das Auftreten schwerwiegender, spiegelabhängiger Nebenwirkungen, wie z. B. Herzrhythmusstörungen oder anticholinerge Symptome, minimiert, was letztlich eine höhere Remissionsrate durch Optimierung der Verträglichkeit und damit der Compliance ergibt.
Die Verschreibung von Benzodiazepinen ist rückläufig, was in erster Linie mit der Abhängigkeits- und Missbrauchsproblematik in Zusammenhang steht. Flunitrazepam unterliegt daher auch seit 2011 dem BtM-Gesetz. Sedierende Antidepressiva (z. B. Mirtazapin) oder Antipsychotika (z. B. Quetiapin) werden zunehmend häufiger in den klassischen Indikationen Anxiolyse und Schlafinduktion als Alternativen eingesetzt. Benzodiazepine sind aber weiterhin Mittel der Wahl zur Behandlung akuter Angstzustände oder Schlafstörungen; Z-Substanzen sind daher auch die am häufigsten verschriebenen Hypnotika. Bei Fragen hinsichtlich Compliance, Toleranz und Abhängigkeit, sowie zur Missbrauchsanalytik in Blut und Urin ermöglicht therapeutisches Drug Monitoring (TDM) einen wesentlichen Beitrag in der diagnostischen Abklärung.
SSRI (Selective Serotonin Reuptake Inhibitors) und SSNRI (Selective Serotonin Noradrenalin Reuptake Inhibitors) sind die am häufigsten eingesetzten Antidepressiva. Sie sind im Allgemeinen besser verträglich als z. B. trizyklische Antidepressiva, weisen eine große therapeutische Breite auf und werden auch zunehmend als Koanalgetika eingesetzt. Aktuelle Studienergebnisse legen in den meisten Fällen eine gleichrangig antidepressive Wirkung von SSRI und SSNRI im Vergleich zu trizyklischen Antidepressiva dar. Die antidepressive Wirkung ist ab mittelschweren Depressionen gesichert und korreliert mit dem Serumspiegel des Wirkstoffes.
Es ist zu beachten, dass SSRI und SSNRI häufig über CYP450-Enzyme verstoffwechselt werden, die eine hohe funktionelle genetische Varianz zeigen. Die gleiche Dosierung kann daher zu sehr unterschiedlichen Wirkspiegeln führen. Therapien unter Kontrolle des therapeutischen Wirkspiegels erlauben ein schnelleres und sichereres Erreichen des therapeutischen Zieles, woraus sich eine gesteigerte Remissionsrate bei Optimierung der Verträglichkeit ergibt.
Tri- und Tetrazyklische Antidepressiva (TZA) sind wichtige Eckpfeiler in der modernen antidepressiven Therapie. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Therapie korreliert mit dem Serumspiegel der Wirkstoffe. Eine Therapie unter Kontrolle des therapeutischen Wirkspiegels führt schneller unnd sichererer zum Erreichen des therapeutischen Ziels, wodurch sich eine gesteigerte Remissionsrate bei Optimierung der Verträglichkeit ergibt.
Maprotilin, Mianserin und Nortriptylin hemmen die Wiederaufnahme von Noradrenalin, Amitriptylin, Clomiprin, Doxepin und Imipramim zudem auch die Wiederaufnahme von Serotonin im synaptischen Spalt. Einige der Medikamente haben durch die Hemmung von adrenergen und serotoniergen Autorezeptoren an den Synapsen zusätzlich eine antihistaminierg sedierende Wirkung. Typische Nebenwirkungen sind dahrer orthostatische Dysregulation und anticholinierge Symptome, die zur Einschränkung der Compliance der Patienten führen. Daneben haben TZA das Potential eines erhöhten Risikos für Herzrhtyhmusstörungen durch die Hemmung kardialer Ionen kanäle. Unerwünschte Wirkungen setzen ca. 1-3 Wochen vor der gewünschten antidepressiven Wirkung ein.
Literatur
Hiemke et al. 2018, Pharmacopsychiatry 51:9 / Goodman and Gilman’s The Parmacological Basis of Therapeutics 12th Edition, McGrawHill, 2011